"Kurzbio" über Prof. Rom:  langjähriger Oberarzt und stellvertretender Leiter des Zentrums für Gynäkologische Krebserkrankungen in Heidelberg

Mütter machen sich natürlich Sorgen um das Wohlergehen ihrer Kinder und möchten nur das Beste für Ihre Kinder. Trotzdem lassen einige Frauen sich und ihre Kinder nicht impfen. Oft besteht Unwissenheit und offene Fragen bezüglich Impfungen, insbesondere in der Schwangerschaft. Welche Impfungen sind denn in der Schwangerschaft erlaubt und welche nicht?

Prinzipiell kann man sagen, dass alle Totimpfstoff in der Schwangerschaft erlaubt sind. Totimpfungen sind z.B. Influenza, Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Hepatitis A und B – und da gibt es keine Kontraindikationen in der Schwangerschaft. Lebendimpfstoffe sollten in der Schwangerschaft nicht verabreicht werden. Das wären Rotaviren, Röteln, Mumps, Masern und Varizellen.

Gibt es denn Impfungen die konkret in der Schwangerschaft empfohlen sind?

Ja, mit dem vermehrten Aufkommen der Influenza, auch in unseren Breitengraden, gibt es jedes Jahr einen neuen Impfstoff (Anm. „Impf-Dich“: Influenza-Viren haben ein sehr hohes Veränderungs-Potenzial, dem man mit einem regelmäßig angepassten Impfstoff Rechnung tragen möchte). Auch Schwangere sollten sich impfen lassen. Der Hintergrund ist der, dass man in großen Auswertungen von Influenza-Patienten gesehen hat, dass die Influenza bei Schwangeren wesentlich dramatischer verlaufen kann. Dabei geht es also primär um den Schutz der Mutter. Bei Müttern sind etliche Todesfälle aufgetreten, weil die Influenza so fulminant und rapide verlief, dass die Mütter Pneumonien entwickelt haben und dann letztlich an der Infektion gestorben sind. Und das war signifikant häufiger im Vergleich mit nicht-schwangeren Frauen. Daher die Empfehlung an Schwangere sich jedes Jahr aktuell impfen zu lassen.

In einigen anderen Ländern, z.B. in England, sind weitere bestimmte Impfungen in der Schwangerschaft ausdrücklich empfohlen, um das Neugeborene vor Komplikationen zu schützen. Schwangere übertragen über die Plazenta und später über die Muttermilch Antikörper auf das Baby. Dieser sogenannte Nestschutz ist jedoch nicht vollständig. Gerade Neugeborene sind besonders anfällig für bestimmte Erkrankungen. In Deutschland nehmen die Krankenhauseinweisungen bei Pertussis-Fällen zu. Aber z.B. in England nach Einführung der Pertussis-Impfung für Schwangere hingegen ab. Was spricht denn für eine Pertussis Impfung in der Schwangerschaft?

Eine Pertussis-Impfung in der Schwangerschaft kann man problemlos durchführen. In Deutschland ist es aber nicht generell empfohlen. Zurzeit empfehlen wir bei einem negativen Pertussis-Test eine Impfung direkt nach der Geburt und eine frühestmögliche Impfung der Kinder und zusätzlich aller Personen die in der Umgebung negativ sind und ein Risiko darstellen – bestmöglich 4 Wochen vor der Geburt, um einen vernünftigen Impftiter aufzubauen.

Denken Sie, dass eine Implementation einer Pertussis-Impfung in der Schwangerschaft auch in Deutschland sinnvoll wäre?

Glaube ich ganz ehrlich gesagt nicht. Pertussis-Fälle sind in Deutschland sehr selten, weswegen ich keine generelle Empfehlung für alle Schwangeren aussprechen würde. Ändert sich aber in unseren Breitengraden etwas – und wir machen ja ständig Veränderungen durch und haben neue relevante Infektionskrankheiten oder vermeintlich alte – wieder auftauchende - Infektionskrankheiten, dann kann sich eine Empfehlung natürlich ändern. Möglich ist eine Pertussis-Impfung in der Schwangerschaft und wenn entsprechende Indikationen vorliegen, macht man dies auch.

 

Röteln:

Eine weitere wichtige Impfung für Frauen ist die Röteln-Impfung.  Was ist denn das Gefährliche, wenn sich Frauen mit Röteln infizieren?

Das Hauptproblem ist die konnatale Röteln-Embryopathie (Anm. „impf-dich“: vorgeburtliche Schädigung des Babys/Embryos), die dann auftritt, wenn sich Frauen im ersten Trimenon der Schwangerschaft infizieren. In diesem Zeitraum ist die Entwicklung der Organe beim Kind am relevantesten und wenn da eine Röteln-Infektion der Mutter auftritt kann sich das auf das Kind übertragen. Dies kann dann beim Kind zu schweren Fehlbildungen mit Defekten am Herzen, Ohr und Gehirn führen. Das Problem ist, dass bei einer solchen Infektion auch die Letalität (Anm. „Impf-Dich“: Wahrscheinlichkeit, an einer Krankheit zu sterben, „Sterblichkeit“) sehr, sehr hoch ist. Die Letalität beim Kind beträgt in etwa 15-20%. Damit stellen die Röteln, die auch in Deutschland wieder ein Thema sein können, ein Risiko dar, das sehr weittragend ist, da man ein Kind mit einer Infektion hat, bei der man das Ausmaß noch nicht sieht, aber schwere Komplikationen vermutet. Dann muss man die Schwangeren unter Umständen auch über einen Schwangerschafts-Abbruch aufklären.

Röteln-Impfungen gehören zu den Lebendimpfungen, die in der Schwangerschaft kontraindiziert sind. Ist denn eine Röteln-Impfung in einer Schwangerschaft, die vielleicht zum Zeitpunkt der Impfung noch nicht erkannt wurde, eine Abort-Indikation?

Nein. Eine Impfung mit einem Lebendimpfstoff in der Schwangerschaft ist keine Indikation eine Schwangerschaft abzubrechen. Man würde die Schwangerschaft engmaschiger kontrollieren, um der Schwangeren Sicherheit zu geben. Eine direkte Indikation zum Abbruch lässt sich daraus nicht stellen.

Reicht es aus, wenn sich nur die Frauen und damit direkten Überträger der Infektion, impfen lassen, oder sollten sich auch die Angehörigen impfen, um die Frauen und damit das Kind zu schützen?

Generell sollten schon Kinder nach den Empfehlungen geimpft werden. Das besondere Risiko besteht für Frauen in der Schwangerschaft, worauf dann auch das Hauptaugenmerk liegt. Aber klar ist, wenn man eine solche Erkrankung richtig eliminieren möchte, sollten sich auch die Männer impfen lassen.

Wenn die Schwangeren oder Frauen mit Kinderwunsch noch nicht geimpft sind, reicht denn eine Testung in der Schwangerschaft aus?

Idealerweise sollte man, wenn man in absehbarer Zeit plant schwanger zu werden einen Röteln-Impftiter abnehmen lassen. Dann könnte man sich noch impfen lassen, bevor man schwanger ist und einen entsprechenden Impftiter aufbauen.
Eine Testung erst in der Schwangerschaft würde nur bedeuten, dass, wenn eine Schwangere nicht immun ist, sie den Kontakt zu allen möglichen Personengruppen meiden muss, die eventuell Röteln haben könnten. Schwangere sind aber ja eigentlich nicht krank und sollten sich ganz normal verhalten und nicht sich irgendwie isolieren, was schon eine Einschränkung der Lebensqualität wäre. Angenommen die Schwangere hätte kleine Kinder im Kindergarten, könnte sie da auch schon nicht hingehen.

Zeigen sich denn Erfolge der Röteln-Impfungen auf die Fallzahlen der Infektion, bzw. sind diese zurückgegangen?

Wir hatten im Jahr 2000 weltweit 670.000 Röteln-Fälle und 2016 waren es nur noch rund 10.000 Fälle - also ein massiver Rückgang innerhalb von 16 Jahren. Und dieser ist natürlich auf die Röteln-Impfung zurückzuführen.