Ein Interview mit Dr. med. Lea Münch, Historisches Institut der Medizinischen Fakultät der Université de Strasbourg

Die Poliomyelitis ist eine hochansteckende Viruserkrankung des Kindesalters, die zu bleibenden Lähmungen führen kann und daher auch als "Kinderlähmung" bezeichnet wird. Ist die Atemmuskulatur betroffen, kann die Erkrankung tödlich verlaufen.

In den1950-er Jahren konnten in der Bundesrepublik in Form einer von drei Spritzen verabreichten Impfung mit inaktivierten Polioviren keine hohen Impfquoten erreichte werden. Die DDR kündigte im Jahre 1960 an, mit einem Lebendimpfstoff, der in Form einer Schluckimpfung verabreicht werden sollte, eine Massenimmunisierung erreichen zu wollen. Da zuvor noch nicht endgültig ausgeschlossen werden konnte, dass die im Lebendimpfstoff enthaltenen abgeschwächten Viren sich nach mehrfacher Menschenpassage nicht so genetisch verändern würden, dass sie die ursprüngliche Krankheit wieder auslösen könnten, war man in der Bundesrepublik skeptisch. Jedoch überwog die Angst in Westberlin, dass diese potenziell veränderten Impfviren aus Ostberlin hohe Infektionszahlen bei der ungeimpften Bevölkerung auslösen würden. So verabreichte man dort ebenfalls die Schluckimpfung und bereits 1962 kam es zur bundesweiten Impfkampagne der Bundesrepublik "Schluckimpfung ist süß und Kinderlähmung ist grausam".

Deutschland ist seit 30 Jahren nun poliofrei, seit 1998 wird nicht mehr per Schluckimpfung, sondern nur noch mit einem risikoärmeren Totimpfstoff mit inaktivierten Viren geimpft.

In Afghanistan und Pakistan kursieren jedoch noch so starke religiös motivierte Vorbehalte gegen die Impfung, dass die Erkrankung noch nicht eingedämmt werden konnte und über Landesgrenzen hinweg auch jederzeit wieder zu uns "importiert" werden kann.

Lasst euch mitnehmen auf eine Reise in die Medizin des 20. Jahrhunderts und erfahrt mehr über die Geschichte der Polio-Impfung!

 

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