"Kurzbio" über dich
Die Immunologie begletiet mich schon lange. Mein Physikum habe ich in Rostock gemacht, dann bin ich für ein Erasmusjahr nach Lissabon gegangen. Dort ist die Immunologie ein wichtiges Schwerpunktfach im 5. Und 6. Semester, sodass ich dort einen sehr tiefen Einblick in das Fach hatte. In Deutschland wechselte ich dann an die Uni Hamburg und fand dort in der Immunologie meinen Doktorvater.
Meine medizinische Karriere ist schon immer durch meine Kinder geprägt. Das erste kam während des Studiums, das zweite einige Wochen nach meinem Staatsexamen, das dritte und vierte dann während meiner Berufstätigkeit. Erst habe ich in der Inneren Medizin gearbeitet, dann hat es mich in die Immunologische Diagnostik verschlagen, wo ich aktuell in der Weiterbildung zum Facharzt für Labormedizin bin. Durch die Kinder bin ich stets selbst mit dem Thema Impfungen konfrontiert und recht häufig auch mit Impfgegnern und -skeptikern in der Kita oder in der Schule.
Ich lasse mich impfen, weil ...
„Ich lieber vorbeuge als therapiere“
10 Fragen an Dr. Sophie Teege
1. Wann hast du dich zuletzt impfen lassen und gegen was?
Gegen Influenza natürlich im November letzten Jahres
2. Du bist von Hause aus Medizinerin, arbeitest in einem Labor und hast täglich mit immunologischen Fragestellungen zu tun. Hat sich deine Einstellung gegenüber Impfungen aufgrund deines Hintergrunds geändert?
Mein immunologisches Wissen hilft mir, kein Zweifel an Impfungen zu haben und immer gute Argumente für Impfungen parat zu haben. Was für eine großartige Erfindung, denke ich immer wieder. Dass es überhaupt Impfskeptiker und Impfkritiker gibt, ist mir erst durch den Kontakt mit anderen Eltern bewusst geworden. Seitdem frage ich mich, wie das Problem gelöst werden kann.
Mein medizinisches Wissen und meine eigenen Erfahrungen in einer HPV Impfstudie haben mir live gezeigt, wie Daten zu Impfstudien erhoben werden und wie die Einführung eines neuen Impfstoffes abläuft. Wenn drei Teilnehmer einer Studie nach der Impfung einen Autounfall haben muss das dokumentiert werden. Am Ende kann dies eine seltene Nebenwirkung werden, auch wenn die Kausalität nicht klar ist.
3. Müsst ihr euch in der Klinik und im Labor gegen bestimmte Erreger gesondert impfen lassen? Gegen welche und wie oft?
In der Klinik ist es wichtig, dass möglichst alle gegen die Influenza geimpft sind. Eine Hepatitis B Impfung ist natürlich Standard. Wir haben im Labor täglich mit Blutproben zu tun, jede Blutabnahme birgt die Gefahr, dass eine unerkannte Krankheit übertragen wird.
4. Warum liegt dir das Thema Impfungen persönlich am Herzen?
Weil es eigentlich so einfach wäre, die Masern für immer zu eliminieren. Weil so viele unschuldige Babies, kranke Kinder und Schwangere davon betroffen sind, dass manche Menschen meinen, Impfungen wären schädlich für ihr eigenes Kind. Weil ich glaube, wir könnten bald schon gute Erkältungsimpfungen erfinden. Aber auch das funktioniert nur, wenn viele mitmachen.
5. Du hast vier Kinder. Wie hältst du den Impfschutz der Familie im Griff? Impfst du deine Kinder selbst?
Ich verliere schon manchmal den Überblick über die Impfungen der Kinder und vertraue da unserem Kinderarzt, der durch die regelmäßigen U Untersuchungen alles im Griff hat. Zuletzt waren wir etwas spät dran mit einer FSME Impfung für eine Reise nach Schweden. Da es sich um drei Impftermine für alle 6 Familienmitglieder handelte, habe ich einige Impfstoff mit nach Hause genommen uns selbst geimpft. Das mache ich aber nicht nochmal. Nicht jedes Kind ist begeistert, wenn die Mutter ihm eine Spritze gibt.
6. Welche Rolle ordnest du online-Lösungen zur Impfpass-Kontrolle, sowie zur Impf-Erinnerung zu?
Ich benutze sie selbst noch nicht, einfach weil ich mich noch nicht informiert habe. Ich bin aber fast immer für technologische Lösungen. Es wäre toll, wenn die kryptischen Impfpässe dadurch für die Patienten transparenter wären. Außerdem denke ich, dass dies gerade bei Erwachsenen eine große Rolle spielen könnte, denn sobald die Kinder den Kinderarzt verlassen, wird das Impfen oft vergessen. Viele Erwachsene wissen in der Notaufnahme nicht, wann sie das letzte Mal gegen Tetanus geimpft wurden und werden bei entsprechenden Verletzungen vorsorglich geimpft.
7. In Europa wird zu wenig geimpft. Gründe hierfür sind vielfältig. Unter anderem werden gefährliche Krankheiten wie die Masern als harmlos oder zu selten abgetan. Dazu kommen Lieferengpässe und eine hohe Impfbürokratie. Viele Menschen bleiben ungeimpft. Was lässt sich in deinen Augen verbessern beim Impfgeschehen in Deutschland? Was wünscht du dir für die Zukunft?
Das eine sind die Menschen, die sich der Wichtigkeit von Impfungen nicht bewusst sind. Ich, Gesundheitsthemen gehören in den Schulunterricht. Gesunde Ernährung, körperliche Aktivität und auch Impfungen sollten dort regelmäßig besprochen werden. Ein Impfangebot an Schulen wäre toll, sodass Impflücken geschlossen werden können. Eine Art Impfregister mit freiwilligen Erinnerungen für Erwachsene Patienten, mehr Impfstellen ohne lange Wartezeiten (z.B. in Apotheken in Einkaufszentren) wären super.
Für die Impfskeptiker ist sicherlich die Aufklärung und Informationsweitergabe noch das A und O.
8. Impfpflicht – ja oder nein? Warum?
Dazu habe ich bisher keine klare Meinung. Idealerweise sollten alle Menschen verstehen, warum Impfungen gut sind und dadurch Krankheiten verhindert werden können. Aber vielleicht nimmt man Impfskeptikern die Entscheidung einfach ab. Ich weiß von vielen Familien, in denen die Eltern sich nicht einig sind, ob und wie das Kind geimpft werden soll. Hier wäre das Problem recht einfach gelöst.
9. Du bist als Ärztin und Mutter mit Sicherheit schon mit Menschen zusammengekommen, die eher gegen präventive Schutzimpfungen sind. Berichte uns über eindrückliche Erlebnisse und wie du damit umgegangen bist.
Ich war einmal bei einem Informationsabend von einem Kinderarzt an unserer Kita, der dafür plädiert hat, nicht gegen alles zu impfen. Varizellen meint, er, könne man gut und gerne weglassen. Ein Jahr später hatte die halbe Kita Windpocken, viele Kinder waren 2-3 Wochen krank. Zum Teil sind auch geimpfte Kinder erkrankt, da der Impfschutz nicht 100% wirkt. Im Nachhinein haben viele Eltern diese Entscheidung bereut.
Eine weitere Erfahrung war ein Masernausbruch in Auckland, Neuseeland letztes Jahr im Frühjahr. Wir haben dort einige Monate unserer Elternzeit verbracht. Unser kleinstes Kind war dort 7 Monate alt und damit noch nicht gegen Masern geimpft. Unsere zwei älteren Kinder haben die Schule besucht und dann hatten wir noch ein Kind in der Spielgruppe. Damit hatten wir ein größeres Risiko, exponiert zu sein. Auch in Neuseeland ist die Impfskepsis momentan hoch. Wir haben dann unser Baby frühzeitig impfen lassen. Hierbei besteht dann kein vollständiger Impfschutz, aber in Ausbruchssituationen ist die Chance dann doch etwas höher, überhaupt einen Schutz zu haben.
10. Unter Anbetracht der eindrücklichen Erfahrungen, die sie machen durften: Was würdest du einem Impfkritiker in Deutschland gerne mit auf den Weg geben?
Denk nicht nur an dich. Informiere dich über die Krankheiten, wenn du schon damit andere in Gefahr bringst. Stell dir vor es wäre dein Kind mit der Masernenzephalitis. Die Studie mit dem Autismus wurde widerlegt. Die Pharmaindustrie ist nicht so böse wie du denkst. Die Welt ist nicht schwarz weiß.