Masern

1. Die Krankheit

1.1 Der Erreger

Das Masernvirus gehört der Gattung der Morbilli-Viren an (RNA-Virus aus der Gruppe der Paramyxoviren). Die Übertragung erfolgt über Tröpfcheninfektion. Also beim Einatmen von Tröpfchen beim Sprechen, Husten, Niesen oder bei Kontakt mit Nasen-Rachen-Sekret.1,2

 

1.2 Epidemiologie 

Da die Anzahl der gemeldeten Masernfälle von regionalen Ausbrüchen abhängig ist, schwanken die offiziellen Zahlen von Jahr zu Jahr. In Deutschland gab es im Jahr 2019 514 bestätigte Masernfälle, was 6,2 Fällen pro einer Million Einwohner entspricht.3 Besonders viele Masernfälle wurden in den Jahren 2015 (2 465 Fälle) und 2013 (1 768) registriert. Die Fallzahlen variieren je nach Bundesland. In Bundesländern mit einer niedrigen Bevölkerungsdichte wie in Mecklenburg-Vorpommern oder dem Saarland werden weniger Masernfälle verzeichnet als zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen.4 Gefährdet sind vor allem ungeimpfte Personen. Da das Masernvirus hoch ansteckend ist, erfolgt bei Kontakt mit einer an Masern erkrankten Person fast immer eine Ansteckung.5

 

1.3 Pathogenese

Das Masernvirus wird über die Luft übertragen und infiziert somit zunächst die Schleimhäute im Nasen-Rachenraum.6 Von dort aus gelangen die Viren zum sogenannten Flimmerepithel in den tiefen Atemwegen und breiten sich im Anschluss in den Blutbahnen aus. Da das Virus im Blut verschiedene Blutkörperchen wie Fresszellen und antigenpräsentierende Zellen zerstört und die Interaktion zwischen Immunzellen beeinträchtigt, wird das Immunsystem der infizierten Person geschwächt.7 Die entstehende Immunschwächung begünstigt Komplikationen, da andere Erreger leichter in den Körper der infizierten Person eindringen können. So können zum Beispiel bakterielle Superinfektionen in Form von Lungen- und Mittelohrentzündungen leichter entstehen. In etwa einem von tausend Masernfällen tritt eine lebensgefährliche Gehirnentzündung auf, die in etwa 10 – 20 % der Betroffenen tödlich verläuft.8 Wenn das Masernvirus in das Gehirn eindringt und Monate oder Jahre nach der akuten Infektion reaktiviert wird, kann es zum sehr seltenen, aber gefürchteten Krankheitsbild der subakuten sklerosierenden Panenzephalitis kommen. Die Erkrankung führt zum raschen Abbau der Gehirnsubstanz, zeichnet sich durch Vergesslichkeit, Leistungseinbrüche (beispielsweise in der Schule) [WK1] [LM2] und Krampfanfälle aus und führt in der Regel innerhalb weniger Jahre zum Tod.9

 

1.4 Immunreaktion

Nach einer Inkubationszeit von etwa 7 bis 10 Tagen, tritt die Erkrankung in das Initialstadium ein. Hier dominiert vor allem eine Entzündung der Schleimhäute des oberen Atemtrakts und der Bindehaut. 12 bis 13 Tage nach der Infektion folgt das Exanthemstadium, welches sich durch eine Schleimhautrötung und den typischen fleckig-knotigen Masernausschlag zeigt. Während des Erkrankungsverlaufs kommt es zu zwei Fiebergipfeln, zuerst während des Initialstadiums und später ein zweites Mal während des Exanthemstadiums.

Ein Oberflächenmerkmal des Masernvirus (CD150) erlaubt es dem Virus in bestimmte Immunzellen aufgenommen zu werden10. Durch Aufnahme des Virus in Immunzellen und ein verändertes Profil ausgeschütteter Botenstoffe, der Zytokine11, kommt es zu einer vorübergehenden Schwächung der Körperabwehr. Dies kann sekundäre bakterielle Infektionen begünstigen und führt zu einer erhöhten Kindersterblichkeit12. Nachdem die befallenen Immunzellen erfolgreich von körpereigenen Immunzellen, den zytotoxische T-Zellen, erkannt und abgebaut wurden, kehren die Blutspiegel der weißen Blutkörperchen innerhalb einer bis weniger Wochen wieder zum Normalspiegel zurück. Es wird allerdings beobachtet, dass sich die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Immunsystems wesentlich langsamer erholt als die Blutspiegel der weißen Blutkörperchen13. Nachdem das Virus nicht mehr im Blut nachweisbar ist, besteht in der Regel eine lebenslange Immunität gegen das Masernvirus. Diese wird zellulär vermittelt. Das bedeutet, dass bei angeborenen oder erworbenen Schäden von Immunzellen Abweichungen dieser Verläufe zu erwarten sind.

 

1.5 Therapie

Es existiert keine spezifische Maserntherapie. Meist wird symptomatisch behandelt: Das Fieber wird mit fiebersenkenden Medikamenten behandelt, auch können Antitussiva gegen den Husten gegeben werden. Weiterhin folgt eine antibiotische Therapie im Falle bakterieller Superinfektionen.

Die effizienteste therapeutische Maßnahme ist die präventive Impfung.

Aufgrund der hohen Wirksamkeit der Schutzimpfung gegen das Masernvirus ist die Datenlage dünn, wenn es um Therapiestudien mit hoher Aussagekraft geht. Diskutiert wird die Rolle des Wirkstoffs Ribavirin14, welcher den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen soll, allerdings auch mit schweren Komplikationen wie akutem Nierenversagen in Verbindung gebracht wird. Damit ist diese Therapie ausschließlich schweren Verläufen vorbehalten. Auch soll die Gabe von Vitamin A15 und Steroiden den Krankheitsverlauf in einigen Fällen positiv beeinflussen.

 

1.6 Spätfolgen einer Infektion

Da die Masernerkrankung eine vorübergehende Immunschwäche auslöst, sind Infizierte dadurch anfälliger für zusätzliche Erkrankungen. Dieser Zustand kann sich über einen Zeitraum von einigen Monaten bis möglicherweise Jahren erstrecken.16 

Unter leichten akuten Folgen versteht man andere Erkrankungen, wie beispielsweise eine Entzündung der Bronchien, Durchfall oder eine Mittelohrentzündung. 16

Dagegen versteht man unter den schweren akuten Komplikationen die Masern-Lungenentzündung, die bei vorbestehender Immunschwäche als sogenannte Riesenzell-Lungenentzündung zu einer Sterblichkeitsrate von 30% führt. 22

Bei letzteren Fällen ist die Diagnosestellung erschwert, weil sich diese als die „weißen Masern“ äußern, da der typische Hautausschlag fehlt. 7

Die primäre Masern-Enzephalitis (PME) sowie die akute postinfektiöse Masern-Enzephalitis (APME) sind zwei Beispiele für Gehirnentzündungen und somit zugleich auch für schwerere akute Komplikationen. Beide treten während der Phase des Masern-Ausschlags bzw. in den ersten zwei bis vier Wochen nach akuter Masern-Erkrankung mit einer Häufigkeit von ca. einem von 1.000 Masern-Fällen auf.18 Das Sterberisiko der PME beträgt ca. zehn Prozent. Bei 20 bis 30 Prozent der Erkrankten kommt es zu bleibenden Schäden. Der Verlauf der APME ist etwas günstiger. 18

Neben den akuten Komplikationen gibt es auch Spätfolgen einer Maserninfektion.

Wichtig zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang die Masern-Einschlusskörper-Enzephalitis (MIBE) und die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), zwei weitere Formen einer Gehirnentzündung. 18

Nur wenn der Patient bereits an einer schweren Immunschwäche leidet, kann es einige Monate nach einer akuten Masernerkrankung zu einer MIBE kommen. Durch Chemotherapie oder Bestrahlung bei Tumorerkrankungen, Stammzell-Transplantationen, HIV-Infektionen oder angeborene Immunfunktionsstörungen sind die zellulären Abwehrmechanismen des Immunsystems beeinträchtigt 18

Die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) ist eine seltene, aber sehr schwere Spätfolge und tritt meistens mehrere Jahre (fünf bis zehn Jahre19) nach der vermeintlich überstandenen Masern-Infektion auf. Auch gab es berichtete Fälle, in denen diese einen Monat bzw. 27 Jahre nach der Maserninfektion auftrat.20

SSPE verläuft in vier Phasen, die sich insgesamt über 1-3 Jahre erstrecken.20

Weitere Informationen

Zu Beginn machen sich beim Patienten Persönlichkeitsveränderungen und Konzentrationsschwierigkeiten bemerkbar. Im zweiten Stadium werden neben starken, sich wiederholenden und oft auftretenden unwillkürlichen Muskelzuckungen auch Krampfanfälle und Demenz beschrieben.(20)

Darauf folgen im weiteren Verlauf eine erhöhte Muskelspannung, die sich bei passiven Bewegungen einer Gliedmaße als erhöhter Widerstand bemerkbar macht21, Bewegungsstörungen resultierend aus Störungen im extrapyramidalmotorischen System (EPMS) und einer fortschreitenden Teilnahmslosigkeit. (20)

Im letzten Abschnitt kommt es zum Koma oder dem apallischen Syndrom.20 Das apallische Syndrom ist eine Bewusstseinsstörung, die sich zwar durch Wachheit, aber fehlende Hinweise für eine bewusste Wahrnehmung äußert.(23)

Nach diesen Verläufen kommt es nahezu immer zum Tod.(18)

Die Krankheitsentstehung der SSPE ist jedoch nicht genau bekannt. Hervorgerufen wird diese aber durch mutierte Masernviren („vom Wildtyp, aber bisher niemals vom Impfvirus“ (20)). Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass die Wahrscheinlichkeit, eine schwerwiegende Komplikation der Masern zu erleiden, für Kinder unter fünf Jahren und für Erwachsene über 20 Jahren erhöht ist.(17) Je jünger das Kind bei der Infektion ist, desto anfälliger ist es, eine SSPE zu erleiden. Dies gilt insbesondere für Kinder unter einem Jahr, da diese noch nicht geimpft werden können. (20)

 Geschätztes Risiko für eine SSPE-Erkrankung24
durchschnittlich4-11 SSPE-Fälle pro 100.000 Masernerkrankungen
Kinder, die im Alter v. < 5 Jahren an den Masern erkranken30-60 SSPE-Fälle pro 100.000 Masernerkrankungen
Kinder, die im ersten Lebensjahr an den Masern erkranken170 SSPE-Fälle pro 100.000 Masernerkrankungen

 

Die Weltgesundheitsorganisation schätzt das Sterberisiko der Masernerkrankung in entwickelten Ländern zwischen 0,01% und 0,1 % ein. 24

 

2. Der Impfstoff 

2.1 Wirkmechanismus

Die Masernimpfung ist eine Aktivimpfung mittels Lebendimpfstoff. Bei einer Aktivimpfung mit einem solchen Impfstoff werden vermehrungsfähige (aktive), aber abgeschwächte Krankheitserreger verabreicht. 25 Das Immunsystem des Körpers reagiert durch Antikörperproduktion auf die Antigene des Impfstoffs.

Weitere Informationen

[Die Masernimpfung erzeugt dabei sowohl eine nicht-zelluläre als auch zellulär vermittelte Immunität. 26 Die durch die Impfung bewirkte IgM—Immunantwort bzw. die Erstantwort des Immunsystems auf Erreger ist nach etwa 2-3 Wochen nachweisbar. Die mittleren Antikörpertiter sind niedriger als nach natürlicher Infektion.(27)

Bereits die einmalige Impfung bietet einen Impfschutz. Eine zweite Impfung dient nicht der Auffrischung, sondern soll vereinzelte Impfversager erreichen. (28)

2.2 Inhaltsstoffe und Herstellung

Die Impfung gegen Masern erfolgt durch Verabreichung eines Kombinationsimpfstoffes, welcher gegen Masern, Mumps und Röteln immunisiert.

Es handelt sich um einen Lebendimpfstoff, das heißt die darin enthaltenen Masern-Viren sind grundsätzlich funktionsfähig, aber attenuiert, also abgeschwächt.

 

Neben dem Wirkstoff selbst, enthält die Impflösung weitere Hilfsstoffe.29,30

Produktionsbedingt ist Hühnerprotein enthalten, worauf einige Menschen allergisch reagieren können. Dennoch wird eine Impfung auch für Allergiker empfohlen, da die enthaltenen Mengen an Hühnerprotein in der Regel zu gering sind, um eine allergische Reaktion auszulösen.31

Zur Wahrung der mikrobiellen Stabilität werden kleine Mengen des Antibiotikums Neomycin zugesetzt.32 Der Zusatz geringer Mengen Sorbitol dient der Stabilisierung der Impflösung und ist unbedenklich, insofern keine seltene vererbte Störung des Fructosestoffwechsels oder eine Allergie vorliegt.33

Darüber hinaus sind Substanzen enthalten, die den pH-Wert und den osmotischen Druck der Lösung regulieren.29,30

 

Die Gewinnung solcher sogenannten attenuierten Masern-Viren erfolgt durch Isolation der humanpathogenen Viren und anschließender Adaption dieser Viren an einen neuen Wirt, welcher auch als Produktionsorganismus fungiert.34

Die zurzeit auf dem deutschen Markt befindlichen Masern-Impfstoffe werden alle mithilfe von embryonalen Hühnerfibroblasten gewonnen. 29,30 Dafür eignen sich embryonale Hühnerfibroblasten oder MRC-5-Zellen. MRC-5-Zellen sind bestimmte Bindegewebszellen, die aus der Lunge eines 14-wöchigen abgetriebenen menschlichen Fötus stammen.35

Der erste Masernimpfstoff wurde 1954 gewonnen, indem Blut eines an Masern infizierten Jungen entnommen wurde. Der daraus isolierte Virusstamm wurde dann in embryonalen Hühnerfibroblasten inkubiert, wodurch das Virus mutierte, um sich an den neuen Wirt anzupassen. Dadurch hat das Virus seine Fähigkeit verloren Menschen an Masern erkranken zu lassen.36 Gleichzeitig blieben die für die Bildung von Antikörpern verantwortlichen Virusoberflächenproteine erhalten.33

Die damals gewonnen attenuierten Masernstämme werden bis heute in den zurzeit zugelassenen Impfstoffen gegen Masern verwendet. 29,30

 

2.3 Impfwirkungen und -nebenwirkungen

 Die MMR-Impfung erfolgt als aktive Impfung mit einem abgeschwächten, lebenden Erreger. Dies führt zu einer Immunantwort, die in etwa der einer natürlichen Infektion mit Masern entspricht. Die Impfung bietet damit einen langanhaltenden und sicheren Schutz gegen eine Masernerkrankung. Die Wirksamkeit der zweifachen Impfung gegen Masern liegt in Deutschland bei 98% bis 99% und führt [WK1] in der Regel zu einem lebenslangen Schutz.37

Bei der Einschätzung von Reaktionen nach Impfungen unterscheidet man zwischen üblichen Impfreaktionen und schwereren unerwünschten Wirkungen. In aller Regel treten nach der MMR-Impfung ausschließlich die als „übliche Impfreaktionen“ bezeichneten Symptome auf:

· Rötung, Schwellung oder Schmerzen an der Injektionsstelle für die Dauer von 1-3 Tagen (gelegentlich länger),

· Fieber für die Dauer von 1-3 Tagen,

· Kopf- und Gliederschmerzen,

· Übelkeit,

· Allgemeinsymptome, wie Mattigkeit, Unwohlsein, Unruhe und Übelkeit

· Schwellung der regionalen (der Einstichstelle naheliegenden) Lymphknoten,

· Sogenannte Impfmasern: Sie treten bei ca. 5% der Geimpften etwa 7 bis 10 Tage nach der Impfung auf und klingen nach 1 bis 3 Tagen wieder ab. Es kann dabei zu einem flüchtigen Hautausschlag sowie Fieber kommen. Impfmasern sind im Gegensatz zu natürlichen Masern nicht ansteckend.37

Die üblichen Impfreaktionen sind Ausdruck der Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff. Sie sind im Allgemeinen mild und vorübergehend und stellen in der Regel keinen Anlass zur Sorge dar. Nach der zweiten Impfung treten die beschriebenen Symptome nur noch selten auf. Schwerere unerwünschte Wirkungen der Impfung sind selten.37

Bei der MMR-Impfung kann bei etwa 3 von 100.000 Geimpften eine idiopathische Thrombozytopenie, also ein Abfall der Blutplättchen, auftreten. In aller Regel ist diese nur vorübergehend. Das Risiko nach der Impfung ist jedoch geringer als bei einer natürlichen Infektion mit Masernviren.37

Bei 1-4 Fällen von 1 Million Geimpften kam es nach der Impfung zu einer akuten allergischen Reaktion.

Bei schwerer humoraler oder zellulärer Immundefizienz (angeboren oder erworben) sowie in der Schwangerschaft ist die MMR-Impfung kontraindiziert.37

Die Impfung führt nicht zu einem Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa (entzündliche Darmerkrankungen), auch nicht zu Autismus oder einer Enzephalitis. Darüber hinaus gibt es keine Belege für einen Zusammenhang zwischen einer MMR-Impfung und dem Auftreten einer kognitiven Verzögerung, eines Typ-1-Diabetes, von Erkrankungen des atopischen Formenkreises (Asthma, Dermatitis/Ekzemen, Heuschnupfen), einer Leukämie oder Multiplen Sklerose.37

 

3. Aktuelles

„Da sich in Deutschland einheimische Masern wieder verstärkt ausbreiten und die notwendigen Durchimpfungsraten von mehr als 95 % nicht erreicht wurden, hat die WHO Deutschland im Jahr 2017 wieder als Land mit endemischer Masernverbreitung eingestuft.“38  Entsprechend reagierte der Bundestag mit der Einführung einer Impfpflicht gegen Masern, dem Masernschutzgesetz. Demnach müssen alle nach dem 31. Dezember 1970 Geborenen, die in einer Gemeinschaftseinrichtung untergebracht sind und die in einer Gesundheitseinrichtung oder in einer Gemeinschaftseinrichtung tätig sind, der Nachweispflicht über die erfolgte zweimalige Masernimpfung nachkommen.

Dies betrifft beispielsweise Kinder vor Aufnahme in eine Kindertagesstätte oder Schule, Erzieher, Lehrer, Hausmeister, sowie Angestellte eines Krankenhauses, Heimes oder einer Arztpraxis. 38,39

Kann der geforderte Nachweis nicht erbracht werden, dürfen die betroffenen Personen in bestimmten Einrichtungen seit dem 1.März 2020 nicht aufgenommen werden oder arbeiten. 38,39

 

4. Auffrischung und Impfung im späteren Lebensalter

Eine Auffrischung der Masernimpfung erfolgt nach zwei Impfungen in der Regel nicht, die Immunisierung ist nach der Grundimmunisierung abgeschlossen.40,41

Falls eine Grundimmunisierung im Kindesalter nicht stattgefunden hat, wird vor dem 18. Lebensjahr eine Nachholimpfung mit zwei Impfungen mit einem Abstand von 4-6 Wochen empfohlen. 40,41

Bei vor 1970 Geborenen, die keine Masernimpfungen erhalten haben oder bei Personen mit unklarem Impfstatus, wird ebenfalls eine einmalige Impfdosis mit dem MMR-Impfstoff von der Ständigen Impfkommission[WK1] empfohlen. Falls diese ein erhöhtes berufliches Risiko aufweisen, wird eine zweimalige Impfdosis empfohlen.40,41

 

5. STIKO-Empfehlungen 

Ziel der flächendeckenden Maserimpfung ist es, Erkrankungen, Komplikationen und Todesfälle in Deutschland zu verhindern. Ferner verfolgt Deutschland als Mitgliedstaat der Weltgesundheitsorganisation das von ihr erklärte Ziel der Elimination des Masernvirus (= Morbillivirus)42. Dieses erscheint möglich, da der Mensch einziger Wirt dieses Virus ist.

 Die zweimalige Lebendimpfung wird allen Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre empfohlen. Darüber hinaus wird jeder nach 1970 geborenen Person über 18 Jahren eine einmalige Impfung gegen Masern empfohlen, welche bisher nicht oder in der Kindheit nur einmal gegen Masern geimpft worden sind, oder einen unklaren Impfstatus haben.

Die STIKO unterstreicht die hohe Relevanz der Masernimpfung in der potentiellen Ausrottung des Masernvirus und der risikoarmen Vorbeugung schwerwiegender Komplikationen und Todesfälle infolge einer Masernerkrankung.

In Deutschland ist ein Großteil der gemeldeten Masernfälle ungeimpft (80-98%)43. Auch unterstreichen die vergleichsweise höheren Komplikationsraten im Alter, dass eine Impfung aller potentiellen Empfänger zentral ist. Darüber hinaus unterstützt eine Herdenimmunität bei Durchimpfungsraten >95% den Schutz immungeschwächter Personen, welchen die Impfung nicht verabreicht werden kann, und das Ziel der Ausrottung.

 Viele Studien unterschiedlichen Designs bewerteten den Masernimpfstoff in seinem flächendeckenden Einsatz als sicher und wirksam: 15% der geimpften Personen zeigen Allgemeinsymptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Mattigkeit, Unwohlsein und Magen-Darm-Beschwerden; 9% zeigen eine leichte Impfkrankheit mit Fieber und Hautausschlag44. Eine Übertragung von Impfviren von Mensch zu Mensch wurde noch nicht beschrieben45. Die klinische Wirksamkeit wird bei 50% nach einmaliger und bei 93% bei zweifacher Impfung gesehen46.

Zusammenfassend überwiegt der gesundheitliche und gesellschaftliche Nutzen der Masernimpfung die möglichen Risiken der Impfung.

 

6. Impfempfehlungen in anderen Ländern

Die Masernimpfung wird abhängig vom Land, unterschiedlich gehandhabt. Während einige Länder eine Impfpflicht eingeführt haben, sprechen andere nur Empfehlungen aus. Auch im Aufbau des Impfplans finden sich Unterschiede. Im Folgenden soll dies anhand einiger Länder veranschaulicht werden.

 

Österreich:

In Österreich ist der Masernimpfstoff in der Regel als Kombinationsimpfstoff zu erhalten, sodass gleichzeitig die Komponente gegen Röteln und Mumps verabreicht wird (MMR-Impfung).47

Ab dem vollendeten 9. Lebensmonat wird die erste Dosis des MMR-Impfstoffs empfohlen47,48

 

Schweden:

Die erste Masernimpfung erfolgt im Alter von 18 Monaten.52

 

Kroatien:

In Kroatien besteht eine Masernimpfpflicht. Eltern, die eine Masernimpfung verweigern, können mit Geldbußen bis zu 230 Euro oder im schlimmsten Fall mit einer Gefängnisstrafe belangt werden.49

 

Australien:

In Australien erhielten Eltern bis zum Jahr 2015 steuerfreie Zuwendungen, wenn sie sich an den dortigen Impfkalender für ihre Kinder gehalten haben. 2016 wurden einige Impfungen als verpflichtend eingestuft, nach deren Auslassen der steuerliche Familienzuschuss gestrichen wurde. 49,50,51

Nach einem Jahr stieg auch deshalb die Impfquote von 90 auf 93%.51 Unter anderem stellte man durch dieses strikte Impfprogramm fest, dass eine vergessene Zweitimpfung bei Kindern nachgeholt wurde und, dass sich sogar einige Eltern, die sich zuvor als Impfgegner auf einer Liste registriert hatten, umentschieden und ihre Kinder doch impfen ließen. 51

Verweigern Eltern eine verpflichtende Impfung, folgen seit dem 1. Juli 2018 striktere Konsequenzen: Alle 14 Tage kommt es zu einer Kürzung der Steuervergünstigungen.49

 

7. Quellen 

(1)  https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/MMR/FAQ_Uebersicht_MSG.html?nn=2375548, (31.05.2021), Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Schutzimpfung gegen Masern, Robert Koch-Institut

(2) https://next-amboss-com.emedien.ub.uni-muenchen.de/de/article/r40fkT , (20.08.2020), Amboss Masern, AMBOSS GmbHhttps://de.wikibooks.org/wiki/Innere_Medizin_kk:_Masern#Pathologie_Pathophysiologie

(3) https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Praevention/elimination_04_01.html;jsessionid=C52BEE0408F17C6391A24C056A93CDE9.internet111, (20.10.2020), RKI - Eliminationsprogramme - Epidemiologische Situation der Masern und Röteln in Deutschland in 2019, Robert Koch-Institut

(4) https://www.meduplus.de/blog/aktuelle-epidemiologie-der-masern-in-deutschland/, (20.08.2020), Meduplus E-Learning Portal (2020) Epidemiologie der Masern in Deutschland, Medical Education MEDU plus GmbH

(5) https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Masern.html, (20.10.2020) RKI - RKI-Ratgeber – Masern, Robert Koch- Institut

(6) https://de.wikibooks.org/wiki/Innere_Medizin_kk:_Masern#Pathologie_Pathophysiologie, (20.10.2020), Innere Medizin kk: Masern – Wikibooks, Sammlung freier Lehr-, Sach- und Fachbücher

(7) https://flexikon.doccheck.com/de/Masern-Virus#Pathogenese, DocCheck Medical Services GmbH (20.10.2020), Masern-Virus - DocCheck Flexikon, DockCheck Community GmbH

(8) https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/masern.html#c913, (20.10.2020), Masern, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

(9) https://www.msdmanuals.com/de/heim/gesundheitsprobleme-von-kindern/virusinfektionen-bei-s%C3%A4uglingen-und-kindern/subakute-sklerosierende-panenzephalitis-sspe, (20.10.2020), Subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) – Gesundheitsprobleme von Kindern - MSD Manual Ausgabe für Patienten, 2020 Merck Sharp & Dohme Corp., ein Tochterunternehmen von Merck & Co., Inc., Kenilworth, NJ, USA

(10) Laksono, B. M., et al. (2016). "Measles Virus Host Invasion and Pathogenesis." Viruses 8(8).

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(14) Ortac Ersoy, E., et al. (2016). "Severe measles pneumonia in adults with respiratory failure: role of ribavirin and high-dose vitamin A." Clin Respir J 10(5): 673-675.

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(16) https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Masern.html, ( 27.03.2021), das Robert Koch-Institut

(17) https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/m/masern.html, (27.03.2021) Masern, Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Referat L7 "Presse"

(18) https://www.bayerisches-aerzteblatt.de/inhalte/details/news/detail/News/masern-infektion-folgeerkrankungen-und-masern-impfung-bayern-zaehlt-zu-den-bundeslaendern-mit-den.html, (17.03.2021) Masern-Infektion, Folgeerkrankungen und Masern-Impfung. Bayern zählt zu den Bundesländern mit den niedrigsten Masern-Impfquoten und der höchsten Masern-Inzidenz, Bayerische Landesärztekammer

(19) https://www.medizin-transparent.at/masern-gravierende-spatfolgen-vermeidbar/,  (27.03.2021), Selten, aber tödlich: Gehirnentzündungen als Spätfolgen von Masern, Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation

(20) https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/55190/SSPE-Risiko-von-toedlicher-Masernkomplikation-haeufig, (27.03.2021), SSPE: Risiko von tödlicher Masernkomplikation häufig, Bundesärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern) und Kassenärztliche Bundesvereinigung,

(21) https://flexikon.doccheck.com/de/Rigidit%C3%A4t, (27.03.2021), Rigidität, DocCheck Community GmbH

(22) https://www.amboss.com/de/wissen/Masern, Masern, (27.03.2021), AMBOSS GmbH

(23) https://www.aerzteblatt.de/archiv/5529/Das-apallische-Syndrom-Diagnose-Prognose-und-ethische-Probleme, (27.03.2021)Bundesärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern) und Kassenärztliche Bundesvereinigung.

(24) https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Masern.html;jsessionid=7D609E57116F4AB448AB11143EA25B16.internet051#doc2374536bodyText7, (27.03.2021), Das Robert Koch-Institut

(25) https://www.amboss.com/de/wissen/Impfungen_allgemein, (21.05.2021), Impfungen allgemein, AMBOSS GmbH

(26) https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Masern.html;jsessionid=F196878E5C0318E08C83D1ABB929B9F7.internet111#doc2374536bodyText12, (20.10.2020), Masern, das Robert Koch-Institut

(27) https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Masern.html;jsessionid=F196878E5C0318E08C83D1ABB929B9F7.internet111#doc2374536bodyText12, (20.10.2020), Masern, das Robert Koch-Institut

(28) https://www.amboss.com/de/wissen/Impfungen_allgemein, (21.05.2021), Impfungen allgemein, AMBOSS GmbH

(29) https://www.msd.de/fileadmin/files/fachinformationen/mmr_rvaxpro.pdf, (25.08.2020), Fachinformation M-M-RVAXPRO®, MSD SHARP & DOHME GmbH

(30) https://portal.dimdi.de/amispb/doc/pei/Web/2602613-spcde-20191101.pdf, (25.08.2020), Fachinformation Priorix, GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG

(31) https://vk.ovg.ox.ac.uk/vk/vaccine-ingredients#egg%20proteins, (26.08.2020), Vaccine ingredients, Oxford Vaccine Group 2020

(32) Vaccine ingredients https://vk.ovg.ox.ac.uk/vk/vaccine-ingredients#antibiotics, (26.08.2020), Vaccine ingredients, Oxford Vaccine Group 2020

(33) Vaccine ingredients https://vk.ovg.ox.ac.uk/vk/vaccine-ingredients#sorbitol, (26.08.2020), Vaccine ingredients, Oxford Vaccine Group 2020

(34) https://doi.org/10.1007/978-3-540-70617-5_10, (26.08.2020), Griffin D.E., Pan C.H. (2009) Measles: Old Vaccines, New Vaccines. In: Griffin D.E., Oldstone M.B.A. (eds) Measles. Current Topics in Microbiology and Immunology, vol 330. Springer, Berlin, Heidelberg

(35) https://www.lgcstandards-atcc.org/Products/All/CCL-171.aspx?geo_country=de, (25.08.2020), Produktinformation MRC-5 (ATCC® CCL-171™), ATCC 2020

(36) Betáková, T., Svetlíková, D., & Gocník, M. (2013). Overview of measles and mumps vaccine: origin, present, and future of vaccine production. Acta virologica, 57(2), 91–96. https://doi.org/10.4149/av_2013_02_91

(37) https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/MMR/FAQ_Uebersicht_MSG.html

(38) https://www.kvb.de/fileadmin/kvb/dokumente/Praxis/Verordnung/VO-aktuell/2021/KVB-VA-210222-WIS-Masern-Impfung-richtig-verordnen.pdf, (28.03.21, 13:46) Verordnung aktuell, KVB

(39) https://www.kbv.de/media/sp/Patienteninformation_Masernschutzgesetz.pdf, (28.03.21, 13:47), Schutzimpfung gegen Masern, Kassenärztliche Bundesvereinigung KdöR

(40) https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/MMR/FAQ_Uebersicht_MSG.html?nn=2375548, (20.08.2020), RKI Infoseite über Masern mit FAQ, das Robert Koch-Institut

(41) https://next-amboss-com.emedien.ub.uni-muenchen.de/de/article/r40fkT, (20.08.2020), Masern, AMBOSS gmbH

(42) STIKO: Änderung der Empfehlung zur Impfung gegen Masern/ Stand 2010. Epid Bull 2010;32:315-322

(43) Ebenda

(44) STIKO: Hinweise für Ärzte zum Aufklärungsbedarf über mögliche unerwünschte Wirkungen bei Schutzimpfungen/Stand 2007. Epid Bull 2007; 25:209-232

(45) Strebel PM, Papinia MJ et al. Measles Vaccines. In: Plotkin, Orenstein, Offit (Hrsgb.): Vaccines, 5:353-358

(46) Velicko I, Müller LL et al. Nationwide measles epidemic in Ukraine: The Effect of low vaccine effectivenenss. Vaccine 2008; 26:6980-6985

(47) https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Impfen/Masern---Elimination-und-Durchimpfungsraten/Durchimpfungsraten---Nationaler-Aktionsplan.html#:~:text=Die%20Masernimpfung%20wird%20derzeit%20in,MMR)%20ab%20dem%20vollendeten%209.,(30.03.2021), Durchimpfungsraten & Nationaler Aktionsplan, Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (Wien)

(48) https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Impfen/Impfplan-%C3%96sterreich.html, Impfplan Österreich, (30.03.2021, 21:42), Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (Wien)

(49) https://www.bundestag.de/resource/blob/650460/66432d8279ea45d2ce4c7992d71e3841/WD-9-021-19-pdf-data.pdf, Impfpflichten im Ausland WD 9 - 3000 - 021/19, (30.03.2021), Deutscher Bundestag
Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland

(50) https://www.stern.de/familie/kinder/australien--wer-seine-kinder-nicht-impft--verliert-nun-alle-zwei-wochen-geld-8151642.html,(30.03.2021), Wer seine Kinder nicht impft, verliert nun alle zwei Wochen Geld, G+J Medien GmbH

(51) https://www.spektrum.de/news/australiens-programm-gegen-masern-wirkt/1418678,(30.03.2021), Australiens Programm gegen Masern wirkt, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

(52) https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2018/01/08/masernausbruch-in-schweden#:~:text=Das%20schwedische%20Impfprogramm%20sieht%20eine,und%20%C3%BCber%20die%20Muttermilch%20weitergeben.,(30.03.2021, 21:28Uhr), Masernausbruch in Schweden, Deutscher Apotheker Verlag Dr. Roland Schmiedel GmbH & Co. KG, Stuttgart,Registergericht Stuttgart HRA 1391